"Außerdem studierte er abstruse Bücher, die aus chaldäischen Bibliotheken
gestohlen worden waren, wenn Fafhrd auch aus langer Erfahrung wusste,
dass der Mausling selten über das Vorwort hinauskaum (obwohl er oft die
letzten Kapitel aufrollte und neugierig hineinschaute und beißende Kritik
äußerte)."

Fritz Leiber, Das Spiel des Adepten


Freitag, 18. Mai 2018

Willkommen an Bord der "Liberator" – S02/E08: "Hostage"

Ein Blake's 7 - Rewatch
 
Der Beginn von Hostage verdeutlicht noch einmal sehr schön, dass die vorangegangene Episode Killer ein klassischer Lückenbüßer war, und es wundert einen nicht, wenn man erfährt, dass Robert Holmes' Folge ihren Platz ursprünglich vor den Ereignissen von Pressure Point und Trial haben sollte. Der Aufhänger der Story in Killer war ja der Diebstahl einer Dechiffriemaschine gewesen, mit deren Hilfe die Liberator ihren Verfolgern in Zukunft leichter ausweichen könnte. Hostage jedoch startet mit dem bislang massivsten Angriff eines Föderationsgeschwaders auf das Schiff unserer Helden & Heldinnen. Einzig die überlegene Geschwindigkeit der Liberator rettet sie noch einmal davor, von den Strahlenkanonen ihrer Gegner pulverisiert zu werden.

Kein schlechter Auftakt für die Episode.

Die Liberator ist der Gefahr gerade erst entronnen, da erreicht sie eine verschlüsselte Funknachricht von niemand anderem als unserem alten Freund Travis. Der ehemalige Space Commander ist seit dem Ende von Trial ja gleichfalls ein von der Föderation gejagter Renegat und bietet Blake deshalb ein Bündnis an. Um seinem Anliegen etwas Nachdruck zu verleihen, hat der einäugige Psychopath allerdings auch gleich mal Inga, die Tochter von Blakes totgeglaubtem Onkel Ushton, als Geisel genommen und droht die junge Frau zu töten, falls die Liberator nicht umgehend Kurs auf die ehemalige Sträflingskolonie Exbar nimmt, um sich dort mit ihm zu treffen.
Im Grunde hält keiner an Bord Travis' Angebot für sonderlich glaubwürdig. Nur Vila ist sich da nicht ganz so sicher. Avon geht sogar so weit, zu erklären, es sei für alle Beteiligten das Beste, wenn der Exoffizier mit der Augenklappe möglichst bald in die Hände der Föderation fallen würde.
Aber natürlich kann Blake Inga nicht einfach ihrem Schicksal überlassen.
Und während sich die Liberator nach Exbar aufmacht, kommen wir in den Genuss einer famosen Szene in Servalans Hauptquartier.

Blakes Überraschungsangriff in Trial und Travis' Flucht haben die Position der Obersten Befehlshaberin gegenüber ihren Rivalen in der zivilen Führungsriege weiter geschwächt. Das wird deutlich, als mit Counsellor Joban (Kevin Stoney) ein Politiker auf die Station kommt, der selbst zu jener Gruppe gehörte, die Servalans Aufstieg aktiv unterstützte, ihr jetzt aber sehr deutlich zu verstehen gibt: "I would not like to think I might have been wrong in my choice."
Inhaltlich bietet die Szene zwar nichts neues, aber es ist stets ein Vergnügen, Jacqueline Pearce im verbalen Duell mit einem ebenbürtigen Kontrahenten zu erleben. Und Kevin Stoney, der Freundinnen & Freunden der britischen TV-Phantastik u.a. aus Doctor Who (1965/66; 1968; 1975), The Avengers (1967), The Prisoner (1967) I, Claudius (1976) und Quatermass (1979) bekannt sein könnte, gibt einen wirklich formidablen Sparring Partner für die Oberste Befehlshaberin ab. Joban und Servalan sind zwei intrigante Schlangen, die ganz genau wissen, dass jeder von ihnen seinem Gegenüber ohne zu zögern einen Dolch in den Rücken stoßen würde, sobald dies opportun erschiene. Und keiner lässt den anderen hierüber im Dunkeln, ohne dabei je die Maske charmant lächelnder Höflichkeit abzulegen.
Aber auch wenn Servalans Lage momentan nicht die rosigste ist, bietet sich ihr doch ein kleiner Lichtblick, als sie eine anonyme Funknachricht erreicht, in der ihr Exbar als  das Versteck des Renegaten Travis angezeigt wird. Schlau wie sie ist, vermutet die Oberste Befehlshaberin sofort, dass eine Verbindung zwischen der Botschaft und der Liberator besteht, und lässt allsogleich ein Raumschiff bereit machen, um sich selbst zu der ehemaligen Sträflingskolonie zu begeben.

Derweil ist die Liberator bereits im Orbit über dem Planeten angekommen. Avon beharrt weiterhin darauf, das Risiko sei zu groß, doch Blake lässt sich nicht von seinem Vorhaben abbringen, hinunter zu teleportieren. Doch was, wenn plötzlich Raumjäger der Föderation auftauchen sollten? "Then you'll have to leave me down there." – "That could happen.
Cally spürt deutlich, dass mit Avon irgend etwas nicht stimmt, spricht ihre Vermutung aber nicht offen aus. Also begibt sich Blake auf die Oberfläche, wo er schon bald auf Ushton (John Abineri) trifft, der ihm den Weg zu der alten Funkstation weist, in der Travis sein Lager aufgeschlagen hat. 
Je mehr Zeit verstrichen ist, desto nervöser wird Avon, bis er schließlich den für alle überraschenden Beschluss fasst, gleichfalls hinunterzugehen, begleitet von dem wenig begeisterten Vila.

Leider nimmt die Handlung von diesem Punkt an eine ziemlich voraussehbare Entwicklung. Hostage hätte eine sehr viel interessantere Episode werden können, wenn Travis seinen Vorschlag zu einem aus der Not geborenen Bündnis zumindest halbwegs ernst gemeint hätte. Spätestens seit Shadow wissen wir, dass Blake in der Wahl seiner Verbündeten nicht eben wählerisch ist. Gut möglich also, dass er sich darauf eingelassen hätte, zumindest für den Moment mit dem ehemaligen Space Commander zusammenzuarbeiten, was der Ausgangspunkt für manch spannende Komplikationen hätte werden können. Doch wie das letzte Drittel der zweiten Staffel leider recht deutlich zeigt, wussten die Autoren von Blake's 7 offensichtlich nicht so recht, was sie mit Travis anfangen sollten, nachdem sie ihn zum Renegaten gemacht hatten. Und so bleibt er im Modus des Superbösewichts gefangen. 
Wie alle von Anfang an vermutet hatten, ist das Ganze eine Falle, die der einäugige Schurke Blake gestellt hat, um zusammen mit einer Bande von "Crimos" ("Criminal Psychopaths") die Liberator zu kapern. Nicht besonders spannend. Positiv fällt dabei bloß auf, dass James Coyle als Molok einen wirklich gruselig überzeugenden irren Sadisten abgibt. Und natürlich ist es schön, zu sehen, wie Cally und Jenna den Kerl austricksen und ins All teleportieren. Auch die Styroporfelsen, mit denen die übrigen "Crimos" erledigt werden, besitzen ihren Charme. Weniger charmant, eher schon etwas creepy, ist die glücklicherweise bloß angedeutete romantische Beziehung zwischen Blake und Inga (Judy Buxton).

Der interessanteste Aspekt von Hostage ist einmal mehr Avon. Natürlich war er es, der die anonyme Nachricht an Servalan geschickt hat, in der Hoffnung, die Föderation werde vor der Liberator auf Exbar eintreffen und das Problem Travis ein für alle Mal aus der Welt schaffen. Als sein Plan nicht aufgeht, sieht er sich vor ein ernsthaftes Problem gestellt. In gewisser Hinsicht eröffnet sich ihm nun die Gelegenheit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und sowohl den Ex-Commander als auch Blake loszuwerden. Doch zu einem solch kaltblütigen Verrat ist er letztlich nicht fähig. Wenn er Blake gegenüber erklärt, "You are still assuming that we will risk our lives for you", dann will er ihm damit zu verstehen geben, dass der egomanische Freheitskämpfer nach den Ereignissen von Pressure Point und Gans Tod besser nicht mehr wie selbstverständlich von dieser Annahme ausgehen sollte. Doch am Ende tut er selbst genau das. Er riskiert sein Leben, um Blake zu retten.

Die Episode schließt mit der Wiederbegegnung von Travis und Servalan. Die Oberste Befehlshaberin verzichtet darauf, den Renegaten gefangen nehmen zu lassen. Offenbar glaubt sie, dass er ihr als heimlicher Verbündeter gegen Blake von größerem Nutzen sein könnte.

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